Beobachtung makroökonomischer Trends
E-Commerce und komplexe Marktbedingungen
Die E-Commerce-Logistik wurde in dieser Ausgabe des 4flow-Trendmonitors als der aktuellste Trend eingestuft, was die Bedeutung digitaler Vertriebskanäle auch über den durch die Covid-19-Pandemie begünstigten Boom hinaus verdeutlicht. Zudem hat der regulatorische Rahmen seit unserer letzten Trendbewertung an Bedeutung gewonnen. Die zunehmende Relevanz dieser Trends spiegelt die Komplexität der globalen Supply Chains in einer Welt wider, die von sich schnell verändernden politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geprägt ist.
Arbeitsmarkt – im Fokus
Betroffene Branchen:
Alle Wirtschaftszweige, die auf arbeitsintensive Tätigkeiten in Produktion, Lagerhaltung und Transport angewiesen sind
Betroffene Supply-Chain-Segmente:
Straßen- und Schienentransport, Lagerhaltung, Dienstleistungen
Die Kluft zwischen Realität und Wertschätzung
Der Mangel an Arbeitskräften wie LKW-Fahrerinnen und Fahrern ist seit Jahren eine Herausforderung für die Supply-Chain-Branche, insbesondere in Europa. Und die Situation hat sich weiter verschärft – die Zahl der unbesetzten Stellen in der Supply-Chain-Branche ist hoch, gleichzeitig kommt es häufig zu Streiks bei systemrelevanten Arbeitskräften. Wird die Branche den Spagat zwischen Kosteneffizienz und Attraktivität für die Arbeitnehmenden schaffen?
Verwandte Entwicklungen
Facetten des Trends
- Fahrermangel und IT-Personalmangel
- Wertschätzung für wichtige Arbeitskräfte infolge von Streiks
- Überalterung der Bevölkerung in China und westlichen Ländern hält langfristig an
Dem Trend voraus
Um den Entwicklungen des Arbeitsmarkts zu begegnen, sollten Unternehmen ihr Arbeitsumfeld neu bewerten.
Während New-Work-Initiativen und eine höhere Wertschätzung von Arbeitnehmenden neue Arbeitskräfte anziehen könnten,
können Automatisierung und KI dazu beitragen, den Bedarf an wichtigen Arbeitskräften zu verringern.
Regulatorischer Rahmen – im Fokus
Betroffene Branchen:
Besonders relevant für Unternehmen mit globalen Supply Chains und internationalen Märkten
Betroffene Supply-Chain-Segmente:
Alle Supply-Chain-Segmente
Ein Anstoß zur Verbesserung oder ein Hindernis für Innovation?
Supply-Chain-Aktivitäten erstrecken sich oft über mehrere Länder, in denen unterschiedliche Gesetze beachtet werden müssen. Zusätzlich müssen die Regularien internationaler Organisationen wie der IATA beachtet werden, die den internationalen Transport regeln. Diese Anforderungen beeinflussen die Geschäftsabläufe von Unternehmen.
Verwandte Entwicklungen
Ausweitung der Nachhaltigkeitsgesetzgebung
Die Ausweitung der Nachhaltigkeitsgesetzgebung und Rechtsvorschriften wie die CO2-Komponente der deutschen Lkw-Maut zielen darauf ab, Unternehmen zu einem umweltfreundlichen Transport zu bewegen. 2024 wird der Geltungsbereich des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes auf alle Unternehmen in Deutschland ausgeweitet sowie die europäische CS3D (Corporate Sustainability Due Dilligence Directive) in Kraft treten.
Elektrofahrzeuge auf einem globalen Markt
Die Europäische Kommission kündigte eine Untersuchung darüber an, ob eine Antisubventionierung gegen niedrige chinesische EV-Preise erforderlich ist.
Komplexe globale Beziehungen
Zölle und Handelsbarrieren sind in den letzten Jahren erhöht worden. Die Zukunft dieser Entwicklung ist ungewiss – es könnten weitere Barrieren aufgebaut werden, oder die Befürworter des Freihandels könnten die Oberhand gewinnen. In beiden Fällen sind Supply Chains davon beeinflusst, insbesondere im Hinblick auf die laufende Entkopplung zwischen den USA und China. Sind das so genannte De-Risking und Friendshoring valide Strategien oder nur Buzzwords?
Facetten des Trends
- Deutsches Mobilitätspaket, Deutsches Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
- Politische Entkopplung und De-Risking
Dem Trend voraus
Unternehmen sollten den sich ändernden regulatorischen Rahmen genau beobachten und prüfen, wie sie ihre Organisation an diese Veränderungen anpassen können.
Das Verständnis der Auswirkungen neuer Gesetze ist von entscheidender Bedeutung, da die Geldstrafen bei Nichteinhaltung hoch sein können.
Strategische Entscheidungen müssen auf mehrere mögliche Szenarien ausgerichtet sein.
E-Commerce-Logistik – im Fokus
Betroffene Branchen:
B2C-Branchen wie Einzelhandel, Pharma, Lebensmittel und Bekleidung
Betroffene Supply-Chain-Segmente:
Straßen-, See- und Lufttransport, insbesondere Less-than-Truckload-Transporte (LTL) und Kurier-, Express- und Paket-Transporte (KEP); Lagerhaltung
Den Anforderungen neuer Lieferkonzepte gerecht werden
E-Commerce ist an sich kein neuer Trend, doch das veränderte Verbraucherverhalten und das steigende Marktvolumen stellen eine Herausforderung für die bestehende Logistikinfrastruktur dar. Influencer-Marketing und Kanäle wie TikTok machen das Produktmarketing wichtiger denn je. Die Covid-19-Pandemie hat den Übergang vom stationären Handel hin zu digitalen Vertriebskanälen beschleunigt. Logistikdienstleister müssen mit diesen sich wandelnden Anforderungen Schritt halten – dynamische grenzübergreifende Zustellung, Fulfillment und Rückgabeoptionen erfordern Zusammenarbeit und technologische Integration zwischen allen Beteiligten in der Supply Chain.
Verwandte Entwicklungen
Facetten des Trends
- Quick Commerce
- Live-Stream-Logistik
- Konzepte für die Zustellung auf der letzten Meile
Dem Trend voraus
Da Marketing und schnelle Auftragsabwicklung zu Erfolgsfaktoren werden, sollten E-Commerce-Unternehmen ihren Marketingplan und ihre Logistikdienstleistungen überdenken.
Einzelhändler sollten ihre Strategie definieren und entscheiden, ob sie sich auf den Wettbewerb im Quick Commerce einlassen
oder am stationären Handel festhalten und mögliche Umsatzeinbußen in Kauf nehmen wollen.
Die Supply Chain sollte auf die gewählte Strategie ausgerichtet werden.
Neue Geschäftsmodelle – im Fokus
Betroffene Branchen:
Einzelhandel und Branchen, die ein hohes Dienstleistungsniveau erfordern
Betroffene Supply-Chain-Segmente:
Alle Supply-Chain-Segmente, insbesondere Speditionsmärkte und Lagerhaltung
Neue Wertversprechen bringen die Märkte in Bewegung
Traditionelle Geschäftsmodelle verändern sich. Speditionen bauen die Expertise auf, um in ursprünglich voneinander abgetrennte Marktsegmente zu expandieren. Gleichzeitig führen die Sharing Economy und maßgeschneiderte Dienstleistungen zu einer Verschiebung der Beziehung zwischen Herstellern und Verbrauchenden. Im Einzelhandel sind neue Geschäftsmodelle wie Dark Stores und Filialen mit Selbstbedienung im Kommen. KI ermöglicht neue Geschäftsmodelle, die Wettbewerbsvorteile bieten
Verwandte Entwicklungen
Facetten des Trends
- Konvergenz der Geschäftsmodelle von Speditionen
- Dark Stores und Filialen mit Selbstbedienung
- Digitale (KI-) Tools und Dienstleistungen
Dem Trend voraus
Technologische Entwicklungen wie KI machen neue Geschäftsmodelle möglich.
Um nicht von neuen Marktteilnehmern abgehängt zu werden, sollten Unternehmen ihre Geschäftsmodelle hinterfragen.
Können traditionelle Geschäftsmodelle noch mit denen der neuen Wettbewerber konkurrieren?
Kann Ihr Unternehmen von einer Diversifizierung der Leistungen profitieren?
Kooperation – im Fokus
Betroffene Branchen:
alle Branchen
Betroffene Supply-Chain-Segmente:
insbesondere Straßen- und Schienentransport
Erschließung neuer Optimierungspotenziale durch gemeinsame Datennutzung
Die Supply-Chain-Branche besteht aus vielen Marktteilnehmern, die ihre Prozesse üblicherweise unabhängig voneinander optimieren. Daher besteht noch großes Potenzial für die Prozessoptimierung im Hinblick auf Kosten und Nachhaltigkeit. Initiativen zur Kooperation wie Logistikplattformen oder Standards für den Datenaustausch können dazu beitragen, diese Lücke zu schließen, wodurch die Vorteile einer gemeinsamen Datenbank und von Echtzeit-Aktualisierungen genutzt werden können.
Verwandte Entwicklungen
Facetten des Trends
- Digitale Plattformen für Speditions- und weitere Logistikdienstleistungen
- Initiativen zur gemeinsamen Nutzung von Daten
- Vision des physischen Internets für Transportnetzwerke
Dem Trend voraus
Unternehmen sollten Kooperationsmöglichkeiten in Betracht ziehen, um Optimierungspotenziale zu nutzen und Gewinne zu steigern.
In vielen Fällen erfordert die Zusammenarbeit standardisierte Daten.
Auch wenn Kooperation noch nicht Teil Ihrer Strategie ist, kann eine frühe Anpassung von Prozessen und Daten an Marktstandards in zukünftigen Projekten Zeit und Aufwand einsparen.
Autoren
Holger Clasing
Vice President und Head of Strategy Practice
4flow consulting
Wendelin Gross
Head of
4flow research
Gero Holzheid
Supply Chain Scientist
4flow research