Blog | 26. Oktober 2023

Nachhaltigkeit in der städtischen Paketzustellung

Potenzial zur Reduzierung von CO2-Emissionen in der urbanen Belieferung auf der letzten und vorletzten Meile

Ballungsräume sind auf effiziente urbane Logistiksysteme angewiesen, um den reibungslosen Fluss des täglichen Bedarfs von Lebensmitteln bis hin zu Baumaterialien zu gewährleisten. Da in städtischen Gebieten täglich eine breite Palette von Gütern benötigt wird, ist der Transportbedarf hoch. Diese erhöhte Nachfrage hat zur Konsequenz, dass der städtische Güterverkehr ein wesentlicher Verursacher von CO2-Emissionen in den Städten ist. Folglich suchen Unternehmen und Behörden aktiv nach umweltverträglichen Wegen, um ihre urbanen Supply Chains umzugestalten und ihre Widerstandsfähigkeit und Nachhaltigkeit zu verbessern.

Vor diesem Hintergrund unterstützte 4flow die Durchführung einer Feldstudie über ein urbanes Liefersystem, um das volle Potenzial der Dekarbonisierung des städtischen Güterverkehrs zu erschließen. Die Studie war Teil des kürzlich abgeschlossenen Projekts WAS-PAST (kurz für Warenströme in Städten – Paket und Stückgut) und wurde gemeinsam mit unseren Forschungspartnern durchgeführt, darunter die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin, ebay und BEHALA, dem Betreiber des trimodalen Güterverkehrszentrums in Berlin.

Unsere Ergebnisse? Die Emissionen bei der B2B-Paketzustellung können durch die Umstellung von einem herkömmlichen Zustellungskonzept auf ein Mikro-Makro-Hub-Konzept signifikant reduziert werden. Dieses Konzept besteht aus einem Makro-Hub in der Nähe mehrerer Mikro-Hubs; die Zustellung erfolgt mit emissionsarmen Fahrzeugen. Dieses Konzept verbessert die Lieferflexibilität für Kundinnen und Kunden, die ein bevorzugtes Zeitfenster für die Zustellung wählen können, und bringt sowohl wirtschaftliche als auch ökologische Vorteile mit sich – insbesondere, wenn das Konzept auf eine große Anzahl von Paketen ausgeweitet wird.

Autoren

Wendelin Groß

Head of
4flow research

Eric Breitbarth

Senior Expert
4flow research

Eine Feldstudie zum urbanen Güterverkehr
 

Unsere Feldstudie konzentrierte sich auf die B2B-Zustellung im Stadtzentrum von Berlin in Deutschland und betrachtete die Warenströme, die vom Berliner Stadtrand ins Stadtzentrum führen. Im Gegensatz zu den meisten Studien über nachhaltige urbane Logistiksysteme umfasste diese Studie sowohl den Transport auf der vorletzten Meile (vom Makro-Hub zum Mikro-Hub) als auch auf der letzten Meile (vom Mikro-Hub zu den Kundinnen und Kunden).

Einer der wichtigsten Logistik-Hubs Berlins, Berlin-Westhafen, wurde aufgrund seiner multimodalen Anbindung über Straße, Schiene und Fluss sowie der nahe gelegenen Umschlag- und Lagereinrichtungen als Makro-Hub ausgewählt. Ein weiterer Mikro-Hub am Tempelhofer Damm im Süden Berlins wurde in die Studie einbezogen. Um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern, wurden für den Transport auf der vorletzten und letzten Meile Elektro-Transporter und Elektro-Lastenfahrräder eingesetzt.

Im Rahmen der Feldstudie wurde das Zustellungskonzept zudem auf praktische Herausforderungen wie Schnee und Eis, Fahrzeugunfälle und Fahrermangel geprüft – also auf Faktoren, die sich nicht vollständig in Simulationen und Kalkulationen abbilden lassen. Um möglichst viele Erkenntnisse aus der Praxis zu gewinnen, nahmen echte Versender aus dem Handel an der Studie teil und stellten ihre realen Sendungsdaten zur Verfügung.

Kalkulation der Umweltauswirkungen
 

Unter Verwendung eines Routenoptimierungs-Algorithmus‘ von 4flow verglichen wir die Zustellungsrouten für zwei Logistikkonzepte:

  • Konventionelle Zustellung (direkt vom Paketdistributionszentrum zu den Kundinnen und Kunden)
  • Mikro-Makro-Hub-Zustellung (vom Paketdistributionszentrum über Makro-Hub und Mikro-Hubs zu den Kundinnen und Kunden)

Als Grundlage für das konventionelle Konzept diente ein durchschnittliches tägliches Paketaufkommen eines Berliner B2B-KEP-Spediteurs (Kurier-, Express- und Paketdienst). Die realen Sendungsdaten des Feldversuchs bildeten die Basis für das Mikro-Makro-Hub-Routing.

Für beide Konzepte wurden die Transportentfernungen und die damit verbundenen CO2-äquivalenten Emissionen kalkuliert, wobei zur Vergleichbarkeit der Umweltauswirkungen von den gleichen Kundenstandorten ausgegangen wurde.

Mehr Pakete bedeutet größere CO2-Einsparungen
 

An Tagen mit minimaler Nachfrage (in unserer Studie lag die Mindestanzahl bei 5 Paketen pro Tag) waren die CO2e-Emissionen je Paket für das Mikro-Makro-Hub-Konzept höher als für das konventionelle DC-to-Customer-Zustellungssystem.

An Tagen mit einer durchschnittlichen Anzahl von zu versendenden Paketen konnten die CO2e-Emissionen des Transports auf der letzten und vorletzten Meile um durchschnittlich 64 Prozent reduziert werden. Je mehr Pakete zugestellt wurden, desto größer waren die potenziellen Einsparungen an CO2e-Emissionen bei einem Mikro-Makro-Hub-Konzept im Vergleich zur konventionellen DC-to-Customer-Zustellung.

Unsere Untersuchungen zeigen, dass die Integration von mehr Paketen in das Zustellungskonzept die Emissionen noch weiter reduzieren würde – zum Beispiel durch die Konsolidierung von mehr Versendern oder die Implementierung weiterer und optimierter Hub-Standorte.

Emissionsarme Lieferung als zukunftsfähige Option
 

Die wichtigsten Ziele dieses Feldversuchs waren die Aufrechterhaltung der Zuverlässigkeit der städtischen B2B-Zustellung bei gleichzeitiger Verringerung der Umweltauswirkungen und der Nachweis der wirtschaftlichen Machbarkeit. Wir haben festgestellt, dass das emissionsarme Zustellungssystem, das aus einem Mikro-Makro-Hub-Konzept mit E-Bikes und Elektro-Transportern besteht, zuverlässig funktioniert. Die wirtschaftliche Machbarkeit wurde noch nicht vollständig erreicht. Die durchschnittlichen Kosten pro Paket sind höher im Vergleich zu den derzeitigen Kosten der letzten Meile. Wenn jedoch die Paketmenge erhöht werden kann, können die Kosten pro Paket auf einen mit anderen Speditionen vergleichbaren Preis sinken, wodurch das emissionsarme System wettbewerbsfähig wird und die CO2e-Einsparungen noch höher ausfallen.

Insgesamt hat das Projekt unter realen Bedingungen gezeigt, dass emissionsarme städtische Liefersysteme die Anforderungen an eine nachhaltige, zuverlässige und in einigen Fällen kostengünstigere städtische Zustellung erfüllen können.

4flow forscht weiter an der Nachhaltigkeit in der urbanen Logistik als Partner des Projekts TUrLo (Transfer Roadmap for Urban Logistics), das eine Roadmap für die Umsetzung der hier diskutierten Erkenntnisse entwickelt. TUrLo wird die Feldstudie durch die Betrachtung der Fracht- und Paketzustellung und die Entwicklung einer Software für das städtische Zustellungsmanagement erweitern.

Dieser Artikel basiert auf einer Veröffentlichung, die im Rahmen der internationalen BVL-Konferenz „2023 International Scientific Symposium on Logistics“ entstanden ist.

 

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