Blog | 9. Februar 2023

Coopetition – Durch Zusammenarbeit strategische Allianzen schaffen

Warum Kooperationen auch unter Konkurrenten möglich sind – und wie sie gelingen können

Ist die Konkurrenz unser „Feind“? Oder doch eher ein „Gegner“ in einem fairen Wettbewerb? Die Antwort auf diese Frage entscheidet, ob „Coopetition“ das Potenzial hat, gemeinsam Vorteile zu generieren. Der Begriff „Coopetition“ wurde durch die Arbeit der Ökonomen Barry Nalebuff und Adam Brandenburger definiert, die bereits im Jahr 1996 ein Buch dazu veröffentlichten.

Dementsprechend ist „Coopetition“ eine Zusammensetzung der englischen Begriffe „cooperation“ für Kooperation und „competition“, also Wettbewerb. Mit Coopetition ist also die Zusammenarbeit von Wettbewerbern gemeint, die grundsätzlich in Konkurrenz zueinanderstehen. Eine solche Kooperation unter Wettbewerbern dient üblicherweise als strategische Allianz, die durch die Bündelung von Prozessen und Transporten zahlreiche Vorteile mit sich bringen kann, wie zum Beispiel:

  • Kosten senken
  • Verfügbarkeit steigern
  • Risiko reduzieren

Vertrauensvolle Coopetition entsteht durch Transparenz

Um diese Vorteile zu erreichen, muss trotz Wettbewerb zusammengearbeitet werden – denn Zusammenarbeit ist auch zwischen Gegnern in einem Wettkampf möglich. Dabei sollten jedoch Regeln beachtet werden, die bei Kooperationen entlang der Supply Chain oder zwischen Unternehmen verschiedener Branchen nicht erforderlich sind:

Unternehmen entlang der Supply Chain stehen nicht in Konkurrenz, sondern beliefern gemeinsam die eine Endkundschaft. Daher ist bei solchen Kooperationen Offenheit und Transparenz – Grundvoraussetzung jeder Kooperation – leicht umzusetzen, da die Partner in der Supply Chain das gleiche Ziel haben und nur gemeinsam erfolgreich sein können. Zwischen Konkurrenten in einer Branche mit derselben Kundschaft dagegen muss diese Transparenz klar begrenzt und genau definiert sein, da der Wettbewerb weiterhin besteht. Die Zusammenarbeit erfolgt nur in ausgewählten Bereichen, wie z.B. der gemeinsamen Belieferung einer Kundschaft. Für eine erfolgreiche Coopetition muss in diesem einen Bereich Transparenz hergestellt werden, aber andere Bereiche bleiben im Wettbewerb und daher natürlich ohne Transparenz zueinander.

Ein klassisches Beispiel für eine solche Coopetition sind die US-amerikanischen Profiligen NFL, NBA und NHL: Alle Teams – reine Wirtschaftsunternehmen und keine Vereine wie im europäischen Fußball – stehen im Wettbewerb um beispielsweise den Super Bowl, das Saisonfinale der amerikanischen Footballliga. Dennoch arbeiten die Teams eng zusammen, um das eigene Produkt, den Profi-Sport, optimal zu vermarkten. Dies führt zu Regeln in dieser Coopetition, wie etwa des Rechts auf den ersten Draft für das schlechteste Team der Vorsaison – die Reihenfolge, in der Profi-Mannschaften bei diesen Talentziehungen neue Footballtalente auswählen. Ein anderes Beispiel ist der Salary Cap, der eine Obergrenze für die Gehälter eines Kaders festlegt. Beides sind Elemente, um die Chancengleichheit in der NFL zu stärken. Wie anders ist dies doch im Fußball in Europa, wo immer die besten (und reichsten) Vereine die besten Spieler einkaufen!

Coopetition als Chance für Supply Chain Management

Der Bereich Logistik bzw. das Supply Chain Management ist ebenfalls bestens geeignet, um Coopetition zu implementieren. Hier lassen sich die oben genannten Vorteile vor allem durch Bündelung erreichen – je mehr gebündelt werden kann, umso mehr Vorteile ergeben sich. Coopetition ist trotzdem auch in der Logistik bzw. dem Supply Chain Management ein neuer Ansatz, denn die Hemmschwelle, sich mit einem direkten Wettbewerber in „ein Boot zu setzen“, ist weiterhin sehr groß. Ohne die oben angesprochenen Regeln wie Transparenz ist es nicht möglich, das notwendige Vertrauen einer engen Zusammenarbeit mit einem Konkurrenten zu erreichen; aber nur dann ist Coopetition umsetzbar.

In meiner Expert Session „The Rules of Coopetition“ auf dem 4flow Logistics Day – From corporation to collaboration habe ich gezeigt, wie Unternehmen „über ihren Schatten gesprungen sind“ und Coopetition umgesetzt haben. Sie möchten mehr erfahren? Fordern Sie die Folien meines Vortrags gern an.

Jetzt anfordern

Prof. Dr. Stephan Seeck lehrt und forscht an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin zu den Themen Logistik und Supply Chain Management. Des Weiteren ist er als Unternehmensberater für Logistik/SCM seit über 25 Jahren aktiv, mit Fokus auf die Branchen Konsumgüterindustrie, Handel und E-Business. Er veröffentlich regelmäßig in Fachzeitschriften zu diesen Themen und ist zudem auf Kongressen und Veranstaltungen als Referent vertreten.

Gastautor

Prof. Dr.
Stephan Seeck

Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin