Blog | 5. Oktober 2023

Mit Daten zu verbessertem Supply-Chain-Risikomanagement

Wie Data-Science-Methoden Unternehmen bei der Risikoerkennung und -reduzierung unterstützen, um sich auf die Zukunft vorzubereiten

Risiken waren schon immer ein Teil von Supply Chains – und da Supply Chains zunehmend globaler werden, nehmen auch die Risikofaktoren zu.

In diesem Umfeld, in dem nichts mehr als „normal“ gilt, verschafft eine starke Risikomanagementstrategie Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil. Vorhandene Supply-Chain-Daten ermöglichen es dabei, Risikofaktoren genauer zu betrachten.

Welchen Mehrwert generiert Supply-Chain-Risikomanagement für Ihr Unternehmen?

Effektives Risikomanagement bietet wichtige Vorteile. Es ermöglicht robuste und flexible Geschäftsabläufe und verhindert gleichzeitig Kosten und andere negative Auswirkungen, wie z. B. ein geschädigtes Markenimage. Zudem ermöglicht es mehr Transparenz über Abhängigkeiten und Risiken in Netzwerken. Darüber hinaus können Unternehmen schneller auf Risiken reagieren, wenn sie über entsprechende Pläne verfügen.

Doch trotz der Vorteile verfügen viele Unternehmen noch nicht über eine Risikomanagementstrategie; vor allem mittelständische Unternehmen sind meist noch potenziellen Risiken ausgesetzt.

Unkontrollierbare und inhärente Risiken in der Supply Chain

Die Risiken der Supply Chain lassen sich in zwei Kategorien einteilen.

In die erste Kategorie fallen unkontrollierbare Risiken, die ihren Ursprung meist außerhalb der Supply Chain haben. Beispiele hierfür sind die Energiekrise in Europa, strenge Lockdowns in China und die Blockade des Suezkanals vor einigen Jahren. Dabei handelt es sich oft um Ereignisse mit globalen Auswirkungen, die schwer vorhersehbar sind und eine geringe Eintrittswahrscheinlichkeit haben.

Die zweite Kategorie beschreibt inhärente Risiken, die mit dem normalen Betrieb entlang der Supply Chain zusammenhängen. Inhärente Risiken ergeben sich z. B. aus technischen Fehlern oder Marktentwicklungen und können Lagerausfälle, fehlende Frachtkapazitäten oder Lieferantenausfälle umfassen. Diese Risiken kommen im Supply-Chain-Management häufig vor und lassen sich viel leichter vorhersagen, vorbereiten und entschärfen als unkontrollierbare Risiken.

Beide Kategorien sollten in einer Risikomanagementstrategie berücksichtigt werden.

Ein vierstufiger Ansatz für das Risikomanagement

Mit dem Wissen um die Bedeutung des Risikomanagements und die zwei Arten von Risiken, die es zu beachten gilt, können Unternehmen mit der Entwicklung eines Plans beginnen. 4flow empfiehlt hierfür einen vierstufigen Ansatz.

1.

Identifizierung von Supply-Chain-Risiken

Durch die Nutzung interner und externer Datenquellen können Unternehmen potenzielle Risiken entlang der Supply Chain identifizieren, sowohl inhärente als auch unkontrollierbare.

Als Quellen sollten Unternehmen zuerst einmal Daten heranziehen, auf die das Unternehmen bereits Zugriff hat. Dies können beispielsweise Transportdaten zur Ermittlung von Versendern und Versandrouten oder Materialdaten zur Bestimmung von Herkunftsländern oder Herstellern sein. Darüber hinaus unterstützt 4flow Unternehmen mit eigenen Benchmarks, dem Zugang zu öffentlichen Datenbanken oder Data-Crawling-Methoden, um den Pool an nützlichen Daten weiter zu füllen.

2.

Analyse

Dieser Schritt beinhaltet die Analyse und Klassifizierung der identifizierten Risiken hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und ihrer Auswirkungen auf das Unternehmen.

Vereinfacht werden Risiken in drei Gruppen unterteilt. Bei Risiken mit großer Auswirkung und hoher Wahrscheinlichkeit sollten Unternehmen langfristige Investitionen, z.B. in spezifische Risk Management Tools oder Versicherungen, in Betracht ziehen. Bei Risiken mit mäßiger Auswirkung oder mäßiger Wahrscheinlichkeit sollten Unternehmen ihre Situation verbessern, indem sie Kosten und Nutzen von Maßnahmen zur Risikominderung abwägen und den Maßnahmen mit den größten Auswirkungen Vorrang einräumen. Schließlich könnten Risiken mit geringer Auswirkung und geringer Wahrscheinlichkeit auch akzeptiert werden, wenn der Aufwand zur Risikovermeidung die möglichen Vorteile gegenüber einer Bedrohung übersteigt.

3.

Interpretation

Es ist von entscheidender Bedeutung, potenzielle Risiken zu mindern, indem sowohl proaktive als auch reaktive Mitigationsstrategien entwickelt werden, die der Risikotoleranz des Unternehmens entsprechen.

Die Mitigationsstrategien basieren auf den Auswirkungen und der Eintrittswahrscheinlichkeit, die im zweiten Schritt der Analyse ermittelt wurden. Zu den Investitionsmaßnahmen könnte die Implementierung einer Echtzeit-Risikoüberwachungssoftware oder der Abschluss einer speziellen Versicherung gehören. Verbesserungsmaßnahmen wie Multisourcing, die Analyse von Business-Intelligence-Daten, die Schaffung von Kapazitätspuffern oder die Segmentierung der Supply Chain zur Steigerung der Flexibilität können geeignet sein, um bestimmte Risiken zu reduzieren.

4.

Integration

Final werden die ermittelten Maßnahmen ins Tagesgeschäft integriert und deren Wirksamkeit im Hinblick auf Supply-Chain-Risiken überwacht.

Um nachhaltige Ergebnisse zu erzielen, sollte dieser vierstufige Prozess iterativ durchgeführt werden. Da sich Supply Chains stetig verändern, können Unternehmen auf diese Weise potenzielle Risiken kurzfristig erkennen und umgehend reagieren sowie bestehende Mitigationsstrategien verbessern.

Data Science schafft einen großen Mehrwert für das Risikomanagement

Daten geben einen klaren Überblick über Risikofaktoren und ermöglichen Risikovorhersagen. Dies ist besonders nützlich bei der Arbeit mit inhärenten Supply-Chain-Risiken, die häufig auftreten. Unter Berücksichtigung historischer Daten, wie z. B. der Rate pünktlicher Lieferungen für jede Komponente oder jeden Spediteur, und externer Daten wie Wetter- oder Verkehrsinformationen, können Risiken entlang der Supply Chain mithilfe von Machine Learning vorhergesagt werden. Historische Marktdaten und volkswirtschaftliche Indizes bilden beispielsweise eine Grundlage für Nachfrageprognosen und zeigen damit marktbedingte Risiken auf.

Selbst kleine Datenmengen, wie etwa Lieferantenlisten, können überraschende Erkenntnisse liefern. Ein Beispiel: Viele Unternehmen setzen auf Multisourcing als Strategie, um bei kritischen Komponenten nicht von einem einzigen Lieferanten abhängig zu werden. Mit Hilfe von Daten kann sich ein vollständiges Bild ergeben. Wenn z. B. alle Lieferanten denselben Hafen nutzen oder alle Spediteure einen kritischen Punkt wie den Suezkanal passieren, ist es wichtig, die Abhängigkeit des Unternehmens von einer bestimmten Infrastruktur frühzeitig zu erkennen. So kann verhindert werden, dass ein unerwartetes Ereignis die Produktion gefährdet.

Eine weitere Anwendungsmöglichkeit von Daten sind Simulationen. Besonders bei unkontrollierbaren Risiken helfen Simulationen Unternehmen zu verstehen, was in einem bestimmten Risikoszenario passieren könnte. Computer können Auswirkungen auf der Grundlage von Daten viel genauer modellieren als Menschen sie vorhersagen können.

Diese Daten ermöglichen es Unternehmen, ihre Supply Chains flexibler zu gestalten, indem sie ihre Netzwerkstruktur anpassen, erhebliche Risiken überwachen und Notfallpläne erstellen.

Autoren

Maximilian Brüwer

Manager
4flow consulting

Holger Clasing

Vice President und Head of Strategy Practice
4flow consulting

Dr. Laura Gellert

Manager des Data Science Teams
4flow consulting