Blog | 16. Mai 2023

Die Supply Chains von morgen: Zukunftsfähige Liefernetze aufbauen

Wie Unternehmen ihre Supply Chains stark für die Zukunft machen

Supply Chains sind mit ständigen Herausforderungen konfrontiert. Jüngste Krisen, wie die Corona-Pandemie oder der Krieg in der Ukraine, haben gezeigt, welche weitreichenden Folgen unerwartete Ereignisse auf die Weltwirtschaft haben können. Davon sind auch Liefernetze betroffen. Lieferengpässe und politische Konflikte lenken die Aufmerksamkeit auf Abhängigkeiten von einzelnen Ländern und stoßen ein Umdenken im Supply Chain Management an.

Selbst einstige Supply-Chain-Visionäre wie der Technikkonzern Apple müssen ihre Produktionsstrategie mit Hinblick auf optimiertes Supply Chain Management überdenkenden. Denn das eigens aufgebaute Liefernetz bestehend aus Produzenten, die größtenteils nur Apple-Produkte herstellen, liegt zum Großteil in China – dort werden 95 Prozent aller iPhones, iPods, Macs und AirPods produziert.1 Die daraus resultierende Abhängigkeit von der chinesischen Produktion allerdings gefährdet die Widerstandsfähigkeit von Apples Supply Chain. Ein widerstandsfähiges Liefernetz ist vor dem Hintergrund der zunehmenden Volatilität zu einem der wichtigsten Ziele des Supply Chain Managements geworden. Daher beginnt Apple bereits, einzelne Produktionsstandorte in andere Länder zu verlagern; die Produktionsanteile liegen dabei jedoch noch im einstelligen Prozentbereich.

Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, um Supply Chains neu zu denken

Die Wirtschaft erholt sich von der Corona-Krise und der Druck auf globale Liefernetze normalisiert sich wieder – es ist an der Zeit, die Probleme der Supply Chains anzugehen. Die vergangenen Jahre haben Schwachstellen der globalen Liefernetze aufgezeigt und uns wichtige Lektionen mit auf den Weg gegeben. Wie bei Apple wird daher auch in vielen anderen Industrien die Strategie „China + 1“ zunehmend umgesetzt. Hierbei wird die Produktion auf mindestens ein weiteres Land verlagert – häufig nach Vietnam oder Malaysia, oder im Fall Apple nach Indien und Brasilien.

Neben der Bedeutung resilienter Supply Chains ist vor allem das Thema Nachhaltigkeit global relevant. Auch deshalb ist es wichtig, Transportwege zu verkürzen – und so CO2-Emissionen zu reduzieren. Daher verlegen viele Unternehmen Teile der Produktion zurück in das ursprüngliche Produktionsland, um wieder näher an den Verbrauchenden zu sein – „Re-Shoring“ ist hier das Stichwort. Beim „Near-Shoring“ wird die Produktion in ein nahegelegenes Land des Zielmarktes verlagert. Dies kann oft eine kostengünstigere Alternative sein, die dennoch kürzere Transportwege ermöglicht. Ein ähnlicher Trend ist „Friend-Shoring“. Hierbei findet die Herstellung zwar weiterhin an einem weiter entfernten Ort statt, dabei handelt es sich allerdings um ein als politisch weniger kritisch eingeschätztes Land. Diese Trends lassen sich auch auf die Standortwahl der Zulieferer übertragen. Auch hier geht es darum, Abhängigkeiten von einzelnen Ländern zu reduzieren und Transportwege zu verkürzen.

Staatliche Förderungen beschleunigen die Verlagerung von Produktionsorten

Staatliche Subventionen zur Förderung nachhaltiger Technologien und heimischer Produktion, wie dem Inflation Reduction Act (IRA) und dem CHIPS and Science Act in den USA, sorgen für eine raschere Umorientierung der Supply-Chain-Strategien. Seit der Verabschiedung der neuen Gesetze hat sich ein deutlicher Trend hin zu mehr inländischer Produktion in den USA gezeigt. Auch in Europa wird die Rückverlagerung der Herstellung durch Förderprogramme für grüne Energie und das europäische Chip-Gesetz attraktiver.

Die wichtigsten Schritte in Richtung der Supply Chains von morgen

Um zu entscheiden, wie die eigene Supply Chain zukunftsfähiger werden kann, sollten Unternehmen eine Reihe zentraler Fragen beantworten.

Fragen & Antworten

Zunächst stellt sich die Frage nach dem geeigneten Produktionsort. Wenn die Produktionsstätte wieder näher an den Zielmarkt heranrücken soll, sind Kosten häufig ein limitierender Faktor. Daher sollten die Verfügbarkeit und die Kosten von Arbeitskräften, Produktions- und Lagerhallen, Energieversorgung sowie Beschaffungs- und Distributionsinfrastrukturen abgewogen werden.

Gerade dann, wenn Nachhaltigkeit eine entscheidende Motivation für die Umorientierung der Supply Chain ist, lohnt es sich, traditionelle Produktionsstandorte zu überdenken. In Europa beispielsweise findet die Herstellung erneuerbarer Energien durch die Windenergie vor allem in Norddeutschland, Dänemark und Schweden statt. Industrieunternehmen hingegen sind traditionell eher in Süddeutschland und dem Ruhrgebiet angesiedelt.

Neben der Standortoptimierung muss ein effizientes Netzwerk aus Zulieferern geschaffen werden, um Saisonalitäten ausgleichen und ein konstant ausgelastetes Transportnetz schaffen zu können. Dabei können digitale Tools und das Design neuer Prozesse helfen, indem sie die Konsolidierung von Transporten vereinfachen. „Second Sourcing“ ist zudem ein vielsprechendes Konzept, um die Widerstandsfähigkeit der Beschaffungsstrategie zu verbessern. Hierbei wird das Lieferantennetzwerk um einen weiteren Zulieferer, idealerweise mit einem nähergelegenen Standort, erweitert. Die Wahl eines Zulieferers mit kürzeren Transportwegen kann zudem zur Verbesserung des CO2-Fußabdrucks beitragen. In der Materialbeschaffung können außerdem automatische Bestellsysteme für Effizienzgewinne sorgen.

Autor

Michael Kagel

Senior Expert
4flow software

Unternehmen, die nun diese Schritte gehen und ihre Supply Chains neu denken, können für mehr Widerstandsfähigkeit in ihren Liefernetzen sorgen und so ihr Supply Chain Management auf die Zukunft vorbereiten.

Quelle

1 Financial Times/Counterpoint Research EMS Insights Service, Forbes